Die Ernte von Cannabis ist ein entscheidender Schritt im Anbauprozess und hat maßgeblichen Einfluss auf die Wirkung, Qualität und Lagerfähigkeit des Endprodukts. Ein sorgfältiges Timing und die richtige Technik sind ebenso wichtig wie ein Verständnis für die Unterschiede zwischen Indoor- und Outdoor-Anbau. In diesem Ratgeber erfährst du alles, was du zur optimalen Cannabisernte wissen musst.
Der optimale Zeitpunkt zur Ernte
Die Wahl des richtigen Erntezeitpunkts beeinflusst die Wirkung des Cannabis entscheidend. Zu frühes Ernten führt zu einem weniger potenten Produkt mit möglicherweise unerwünschten Nebenwirkungen. Zu spätes Ernten kann hingegen zu einem sedierenden, „Couch-Lock“-artigen Effekt führen.
Blütezeit berücksichtigen
Die meisten Cannabissorten haben eine Blütezeit von 7 bis 12 Wochen, je nach Genetik. Indica-Sorten reifen in der Regel schneller (7–9 Wochen), während Sativa-Sorten oft 10–12 Wochen benötigen.
Trichomen-Analyse durchführen
Die beste Methode zur Erntebestimmung ist die Analyse der Trichome (Harzdrüsen) auf den Blüten. Mit einer Lupe oder einem Mikroskop (mindestens 30-fache Vergrößerung) kannst du erkennen:
- Klar (transparent): Pflanze ist noch nicht reif.
- Milchig (trüb): Höchster THC-Gehalt, optimal für eine starke psychoaktive Wirkung.
- Bernsteinfarben: THC beginnt sich in CBN umzuwandeln – mehr körperliche, beruhigende Wirkung. Ein guter Erntezeitpunkt ist bei etwa 70–80 % milchigen und 20–30 % bernsteinfarbenen Trichomen.
Stempel und Blätter überprüfen
Auch die Farbe der Blütenstempel (Pistillen) ist ein zuverlässiger Indikator für die Reife. Zu Beginn der Blüte sind diese feinen Härchen weiß und aufrecht. Im Laufe der Zeit färben sie sich braun bis orange und beginnen, sich zusammenzuziehen. Wenn etwa 70–80 % dieser Stempel verfärbt sind, deutet das auf einen idealen Erntezeitpunkt hin – in Kombination mit weiteren Reifezeichen.
Ein weiteres wichtiges Signal liefern die Fächerblätter. Wenn sich diese gelb verfärben und langsam absterben, ist das ein Zeichen dafür, dass die Pflanze ihre Nährstoffreserven verbraucht. Dieser Prozess tritt natürlich gegen Ende des Lebenszyklus ein und zeigt an, dass die Energie nun vollständig in die Blütenproduktion fließt. Werden alle Blätter hingegen grün gehalten, könnte das ein Hinweis auf eine zu frühe Ernte oder übermäßige Düngung sein.
Typische Reifezeichen von Cannabis
Neben Trichomen und Stempeln gibt es weitere äußerliche Merkmale, die auf die Reife einer Cannabispflanze hinweisen:
- Blütenstruktur: Die Buds (harzreiche Blütenstände der weiblichen Cannabispflanze) wirken dichter und härter, haben ein volles Volumen entwickelt und sehen „aufgebläht“ aus. Reife Blüten haben meist eine kompakte, feste Konsistenz.
- Harzproduktion: Die Harzbildung ist auf dem Höhepunkt. Die Blüten sind klebrig und glänzen stark im Licht. Ein intensiver Geruch ist oft ein weiteres Zeichen für Reife.
- Farbenwechsel: Einige Sorten zeigen mit zunehmender Reife Farbveränderungen – z. B. lila oder dunklere Töne in Blättern und Blüten.
- Pistillenverhalten: Die Stempel (Pistillen) ziehen sich zurück in die Blüte, ein Zeichen für die finale Reifephase.
- Absterbende Blätter: Gelbe, sich lösende Fächerblätter deuten darauf hin, dass die Pflanze ihre Energie in die Blüten gesteckt hat und der Lebenszyklus sich dem Ende nähert.
Diese Reifezeichen sollten immer in Kombination betrachtet werden, da einzelne Faktoren je nach Sorte variieren können. Eine Kombination aus mehreren Anzeichen gibt die sicherste Auskunft über den idealen Erntezeitpunkt.
Einfluss des Erntezeitpunkts auf Wirkung und Qualität
Der Zeitpunkt der Ernte ist entscheidend für das Wirkspektrum und die Qualität des Endprodukts.
- Frühe Ernte: Wird Cannabis geerntet, wenn die Trichome noch klar sind, ist der THC-Gehalt niedriger. Das High kann kurz und wenig befriedigend sein. Der Geschmack ist oft grasig und das Aroma weniger ausgeprägt.
- Optimale Reife: Wenn die meisten Trichome milchig und ein Teil bereits bernsteinfarben ist, enthält das Cannabis die höchste Konzentration an THC und Terpenen. Die Wirkung ist ausgeglichen: sowohl zerebral als auch körperlich. Auch Geschmack und Aroma sind in dieser Phase am intensivsten.
- Späte Ernte: Dominieren bernsteinfarbene Trichome, ist ein Teil des THCs bereits in CBN umgewandelt. Das Ergebnis ist eine stärker sedierende, beruhigende Wirkung, die sich eher für den Abend oder medizinische Anwendungen eignet. Der Geschmack kann erdiger werden, mit weniger frischen Noten.
Auch die Haltbarkeit wird vom Reifegrad beeinflusst: Überreifes Cannabis kann schneller an Wirkung verlieren, wenn es nicht optimal getrocknet und gelagert wird. Wer gezielt auf bestimmte Wirkprofile oder Einsatzbereiche hin ernten möchte, sollte den Erntezeitpunkt entsprechend anpassen.
Unterschiede zwischen Indoor- und Outdoor-Ernte
Der Anbauort von Cannabis beeinflusst nicht nur das Wachstum, sondern auch die Bedingungen und Herausforderungen bei der Ernte. Indoor- und Outdoor-Pflanzen entwickeln sich unter sehr unterschiedlichen Umweltfaktoren – von Licht und Luftfeuchtigkeit bis hin zu Schädlingsdruck und Wettereinflüssen. Diese Unterschiede schlagen sich direkt im Timing, Aufwand und der Handhabung während der Ernte nieder. Wer die Besonderheiten beider Anbaumethoden kennt, kann den Ernteprozess effizient und qualitätsorientiert gestalten.
Indoor-Anbau
- Kontrollierte Umgebung: Die Lichtzyklen, Temperatur und Luftfeuchtigkeit können exakt gesteuert werden. Dadurch lässt sich der Erntezeitpunkt präzise planen.
- Kompaktere Pflanzen: Indoor-Pflanzen sind meist kleiner und lassen sich einfacher bearbeiten.
- Mehrere Ernten pro Jahr: Durch künstliches Licht sind ganzjährige Zyklen möglich.
Outdoor-Anbau
- Wetterabhängigkeit: Die Erntezeit hängt stark vom Klima ab. Regen und Kälte im Herbst können die Ernte gefährden.
- Größere Pflanzen: Outdoor-Pflanzen können mehrere Meter hoch werden und erfordern mehr Aufwand bei der Ernte.
- Einmalige Ernte pro Jahr: In der Regel erfolgt die Outdoor-Ernte in Mitteleuropa zwischen Ende September und Mitte Oktober.
Vorbereitung zur Ernte
Bevor es ans Schneiden geht, sollten einige Vorbereitungen getroffen werden:
- Spülen der Pflanzen (Flushing): Etwa 1–2 Wochen vor der Ernte sollte nur noch klares Wasser (ohne Dünger) gegossen werden, um Rückstände aus der Pflanze zu entfernen. Dies verbessert Geschmack und Rauchverhalten.
- Werkzeuge bereitlegen: Scharfe, saubere Scheren, Einweghandschuhe, Lupe/Mikroskop, Aufhängevorrichtungen (z. B. Wäscheleine oder Trockenrahmen).
- Ernteumgebung vorbereiten: Ein gut belüfteter, dunkler Raum mit 18–22 °C und 50–60 % Luftfeuchtigkeit ist ideal zum Trocknen.
Erntetechniken
Die Wahl der richtigen Erntetechnik beeinflusst nicht nur den Arbeitsaufwand, sondern auch die Qualität und das Aroma des Endprodukts. Je nach Bedingungen, Vorlieben und verfügbaren Ressourcen gibt es unterschiedliche Herangehensweisen beim Trimmen und Verarbeiten der geernteten Pflanzen.
Dabei spielt es eine Rolle, ob man eher auf Effizienz oder auf schonende Behandlung der Blüten achtet. Im Folgenden werden die gängigsten Methoden sowie eine praktische Schritt-für-Schritt-Anleitung vorgestellt.
Nass- vs. Trockentrimmen
Beim Trimmen geht es darum, überschüssige Blätter von den Blüten zu entfernen, um das Endprodukt ansprechend und rauchbar zu machen. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen zwei Methoden: Nass- und Trockentrimmen.
Nass-Trimmen | Trocken-Trimmen |
Hierbei werden die Blätter direkt nach dem Abschneiden der Pflanze entfernt – also noch im frischen Zustand. Diese Methode hat den Vorteil, dass frische Blätter leichter zu schneiden sind und das Risiko von Schimmel beim Trocknen geringer ist, da weniger Pflanzenmasse vorhanden ist. Allerdings kann durch die schnellere Trocknung auch ein Teil der Terpene verloren gehen, was sich negativ auf Aroma und Geschmack auswirken kann. | Bei dieser Methode werden die Pflanzen nach dem Schneiden zunächst komplett oder in großen Teilen zum Trocknen aufgehängt. Das Trimmen erfolgt erst nach der Trocknungsphase. Diese Methode gilt als schonender, da die langsamere Trocknung zur besseren Konservierung von Terpenen beiträgt und das Endprodukt oft aromatischer ist. Allerdings besteht ein höheres Risiko für Schimmel, wenn die Trocknungsbedingungen nicht optimal sind. |
Die Wahl der Methode hängt also stark vom Klima, dem gewünschten Endprodukt und den persönlichen Präferenzen ab. Wer Wert auf ein besonders aromatisches Cannabis legt, greift eher zum Trocken-Trimmen. Wer dagegen ein schnelles und unkompliziertes Ergebnis will, wird vom Nass-Trimmen profitieren.
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Ernte
- Großblätter entfernen: Diese enthalten kaum Harz und sollten zuerst entfernt werden.
- Blüten schneiden: Einzelne Buds oder ganze Zweige abschneiden.
- Feintrimmen: Mit einer feinen Schere alle zuckerfreien Blätter rund um die Buds entfernen.
- Aufhängen oder auflegen: Buds zum Trocknen aufhängen oder auf Trockensieben auslegen.
Nach der Ernte: Trocknung und Curing
Die Trocknung ist ebenso wichtig wie die Ernte selbst.
Trocknungsphase
- Dauer: 7–14 Tage
- Bedingungen: Dunkel, 18–22 °C, 50–60 % Luftfeuchtigkeit
- Zeichen der Trocknung: Die Äste sollten beim Biegen leicht knacken, nicht mehr biegen.
Die Trocknungsphase ist essenziell für die Qualität des Endprodukts. Wird zu schnell oder unter zu warmen Bedingungen getrocknet, können Terpene – die für Geschmack und Aroma verantwortlichen Duftstoffe – verloren gehen. Zudem steigt bei zu hoher Luftfeuchtigkeit die Gefahr von Schimmelbildung. Wichtig ist, die Blüten nicht direktem Licht auszusetzen, da dies Cannabinoide zersetzen kann.
Eine langsame, kontrollierte Trocknung bewahrt nicht nur die Potenz, sondern verbessert auch das Rauchverhalten und die Haltbarkeit des Cannabis. Eine gute Luftzirkulation im Trockenraum verhindert zudem Stauwärme und Feuchtigkeitsansammlungen.
Als Alternative zur normalen Trocknung kannst du dein Cannabis gefriertrocknen . Hierbei handelt es sich um eine besonders schonende und effektive Methode.
Curing (Fermentation)
Nach dem Trocknen werden die Buds in luftdichte Gläser (z. B. Einmachgläser) überführt. Täglich für ein paar Minuten öffnen („burpen“) – so entweicht überschüssige Feuchtigkeit. Dieser Prozess dauert 2–8 Wochen und verbessert Geschmack, Wirkung und Haltbarkeit erheblich.